Aufmerksame Konsumenten treffen während eines Einkaufs nicht selten auf verschiedene Verknappungsbotschaften. Ob beim Sommerschlussverkauf, Black Friday oder bei Online-Shops im Internet: „Begrenzte Stückzahl“, „Angebot nur noch drei Tage gültig“ oder „Buchen Sie heute und sichern Sie sich 10 % Rabatt“ – überall im Alltag und online begegnen einem künstliche Verknappungsstrategien, die zum Kauf verleiten sollen.
Die Erkenntnis über die Wirkung von Knappheit geht bereits mehrere Jahrhunderte zurück, wo erkannt wurde, dass Seltenheit mehr Wert zugesprochen wird als etwas, das im Überfluss vorhanden ist. Hiermit wird das grundlegende Knappheitsprinzip beschrieben, welches besonders in der Konsumwelt ein allgegenwärtiges Phänomen darstellt. Unternehmen nutzen dieses Prinzip zu ihren Gunsten als Marketingtaktik, um Produkte oder Dienstleistungen als etwas Besonderes und Wertvolles darzustellen. Dieses Vorgehen wird in der Marketingpraxis oftmals als künstliche Verknappung bezeichnet, da die Verknappung nicht nur durch die Nachfrageseite entstehen kann, sondern auch von der Anbieterseite aus angewendet und gestaltet werden kann.
Welche Verknappungsstrategien gibt es?
Bei der Verknappung kann in vier Kategorien unterteilt werden. Die erste Kategorie „Nichtverfügbarkeit“ kann wiederum in zwei Kategorien unterteilt werden. Auf der einen Seite können Produkte naturbedingt nicht mehr verfügbar sein, ohne dass jemand dafür verantwortlich ist. Andererseits kann es durch Regulationen und Vorschriften dazu kommen, dass Produkte verboten werden und eine blockierte Verfügbarkeit auftritt. Diese beiden Situationen der Nichtverfügbarkeit rufen unterschiedliche und entgegengesetzte Reaktionen hervor.
Die zweite Kategorie der insgesamt vier Verknappungsarten – die eingeschränkte Verfügbarkeit – bezieht sich auf die Verfügbarkeit für eine ausgewählte Gruppe. Das jeweilige Produkt ist dementsprechend nicht für die Allgemeinheit, sondern nur für Personen, die Mitglied einer bestimmten Gruppe sind, verfügbar. Für Mitglieder der Gruppe wird das ansonsten nicht verfügbare Produkt zu einem Statussymbol und suggeriert eine höhere Attraktivität. Für Personen, die kein Mitglied der Gruppe sind, hängt die Produktbewertung von der Beziehung zur Gruppe oder der Möglichkeit, selbst Mitglied zu werden, ab.
Als konditionale Verfügbarkeit wird ein Gut bezeichnet, welches nur unter bestimmten Bedingungen oder Voraussetzungen verfügbar ist. Ein Beispiel hierfür ist eine Vorlesung im Hörsaal, welche nur verfügbar ist, wenn man im Hörsaal anwesend ist. Die Attraktivität von konditional verfügbaren Gütern steigt mit dem notwendigen finanziellen, sozialen oder verhaltensmäßigen Aufwand zur Erreichung dieses Gutes.
Die limitierte Verfügbarkeit beschäftigt sich im Vergleich zu den ersten drei Kategorien, welche sich mit der Nichtverfügbarkeit und der Verfügbarkeit unter bestimmten Bedingungen auseinandersetzen, mit den Komponenten Nachfrage und Angebot, die zu einer limitierten Verfügbarkeit führen. Die Güter sind hierbei generell verfügbar, jedoch durch entweder ein zu geringes Angebot oder eine zu hohe Nachfrage nur begrenzt verfügbar und nicht ständig erhältlich. Diese Beschränkungen können dazu führen, dass die Wahl eines ansonsten bevorzugten Gutes verhindert wird und dem limitiert verfügbaren Produkt ein höherer Wert zugesprochen wird. Die limitierte Verfügbarkeit des Angebots kann wiederum in weitere Formen der begrenzten Verfügbarkeiten unterteilt werden. Angebotsbedingt kann die Limitierung zeit-, mengen- und ortsbezogen, sowie zufallsbasiert sein.
Die zeitbezogene Verknappung zeichnet sich durch die Verfügbarkeit über einen bestimmten Zeitraum oder bis zu einem bestimmten Zeitpunkt aus. Die Dauer kann entweder an ein bestimmtes Ereignis gebunden sein (z. B. Sommer-Editions) oder offen gehalten werden (z. B. nur für kurze Zeit). Das Voranschreiten der Zeit sorgt hierbei für die Steigerung der Knappheit.
Bei einer mengenbezogenen Verknappung der Verfügbarkeit wird explizit auf die verfügbare Stückmenge hingewiesen. Die Knappheit steigt durch die Menge der verkauften Güter. Unternehmen können im Zuge der mengenbezogenen Verknappung ihre Produkte in Bezug auf die Gesamtmenge beschränken – z. B. nur noch 5 Produkte verfügbar – oder eine Limitierung pro Kunde – z. B. nur 3 Stück je Kunde – vorgeben. Hierbei ist jedoch wichtig zu beachten, dass die mengenbezogene Verknappung nicht nur von der Angebotsseite beeinflusst werden kann, sondern auch durch die Nachfrage von Konsumenten anhand der Nachfrageseite. Im Vergleich der zeit- und mengenbezogenen Verknappung konnte bereits festgestellt werden, dass eine Mengenbegrenzung effektiver für die Beeinflussung der Kaufabsicht ist, als eine zeitliche Begrenzung.
Eine ortsbezogene Begrenzung liegt vor, wenn das Produkt nur in bestimmten Verkaufsstellen und nicht auf breiter Basis vertrieben wird.
Knappheit kann ebenso aus Zufall resultieren. Dieses kann unter anderem durch nicht vorhersehbare Ereignisse oder Streiks erfolgen, aus denen Lieferengpässe für Produkte entstehen. Ein Unternehmen hat jedoch keinen Einfluss auf eine solche Situation und kann diese somit auch nicht gezielt als Verknappungsstrategie für beispielsweise eine erhöhte Nachfrage einsetzen.
Wie können die Verknappungsarten kommuniziert werden?
Zeitbezogene Verknappung lässt sich wie bereits beschrieben in explizite und implizite Verknappungsarten unterteilen. Dementsprechend werden auch die Kommunikationsformen differenziert. Während bei der expliziten Kommunikation der Verknappung der Konsument das zeitliche Angebot anhand des Wochenangebots oder einem Event wie einer Neueröffnung festmachen kann, wird bei einer impliziten Kommunikationsbotschaft oftmals von einem Werbespruch wie „Nur für kurze Zeit“ gesprochen und das Ende des verknappten Angebots nicht terminiert. Es wird davon ausgegangen, dass implizite Botschaften einen höheren Kaufdruck erzeugen und eine größere Wirkung auf das Kaufverhalten haben, da beim Konsumenten eine größere Unsicherheit gegenüber der Produktverfügbarkeit ausgelöst wird. Neben dem Einsatz dieser statischen zeitbezogenen Knappheitsbotschaften, die vor allem auf Produktverpackungen oder in Prospekten vorzufinden sind, finden dynamische Knappheitsbotschaften vor allem in „auf Interaktion ausgelegten Medien“, wie beispielsweise auf Online-Shops, Anwendung. Sobald eine Dienstleistung oder ein Produkt nur noch gering zur Verfügung steht, wird hierbei die Verknappung und eventuell baldig auftretende Nichtverfügbarkeit in Form von Countdowns zum Ausdruck gebracht. Die zuvor festgelegte Zeitspanne zählt hierbei rückwärts Richtung null und gibt an, bis oder ab wann etwas verfügbar ist. Ein Countdown kann durch die genaue Festlegung des Zeitpunkt X starke Emotionen beim Konsumenten auslösen, welcher bis zu dem Zeitpunkt damit rechnet, eine eventuell einmalige Chance zu erhalten. Durch die schwere Einschätzung der Qualität der Dienstleistung und den voraussichtlich einmaligen Erwerb wird in Folge ein starker Kaufimpuls beim Konsumenten ausgelöst.
Auch die mengenbezogene Verknappung kann in zwei Arten eingeteilt werden. Zum einen die Verknappung für alle potenziellen Käufer und zum anderen die Verknappung für den einzelnen Kunden. Die Kommunikationsbotschaft für alle Kunden ist meist vage in Form von „solange der Vorrat reicht“ formuliert, während die Botschaft für den einzelnen Kunden auf die Abgabemenge abzielt und meist explizit kommuniziert wird: „limit one per customer“.
Verknappungsbotschaften können unterschiedlich platziert werden. Hier bieten sich sowohl bei der Wahl der örtlichen Platzierung, als auch der Anzahl der Platzierungen viel Spielraum. Bei Online-Shops bietet es sich an, die Verknappung bereits auf der Kategorieseite, sowie auch auf den Produkt-Detail-Seiten noch einmal kommunizieren. Hierdurch wird der Kunde stärker auf die künstliche Verknappung aufmerksam gemacht und lässt sich eher zum Kauf des Produkts überzeugen.
Platzierung der Verknappungsbotschaft im Kaufentscheidungsprozess des Kunden
Falls Sie sich noch einmal genauer mit dem Kaufentscheidungsprozess, bzw. dem ASIDAS-Modell auseinandersetzen wollen, empfehlen wir unseren Artikel „Das ASIDAS-Modell zur Kundengewinnung im E-Commerce„.
In der Phase „Desire“ des Kaufentscheidungsprozesses soll das Verlangen bzw. der Wunsch beim Kunden geweckt werden, ein Produkt zu besitzen oder eine Dienstleistung in Anspruch zu nehmen. Zusätzlich zu den Informationen aus der Phase „Interest“ wird hier ein Werbeversprechen oder Zusatznutzen kommuniziert. Dieses kann unter anderem in Form einer rationalen Botschaft übermittelt werden, die sich an die kognitive Wahrnehmungsebene richtet und dem Konsumenten einen greifbaren oder nachprüfbaren Vorteil vermittelt. Hierzu zählt beispielsweise die künstliche Verknappung im Bezug auf die zeitliche Limitierung. Durch Botschaften wie „Sichern Sie sich 10 % Rabatt in den nächsten 48 Stunden“ erkennt der Nutzer den zusätzlichen Vorteil des Kaufes zum aktuellen Zeitpunkt. Ebenso wird durch die zeitliche Verknappung beim Nutzer ein innerlicher Druck verspürt und das Verlangen erhöht. Nicht nur in der Kaufentscheidungsphase „Desire“ können Verknappungsstrategien eingeordnet werden, sondern auch in der darauffolgenden Phase „Action“. Hier soll durch eine Handlungsaufforderung der Nutzer zum Kauf inspiriert und verleitet werden. Dieses kann unter anderem durch einen Kauf-Button oder eine Angabe der Bestellhotline inszeniert werden. Weitere Details wie beispielsweise eine Verknappungsbotschaft in Form von „solange der Vorrat reicht“, setzen einen zusätzlichen Abschlussreiz, um den Nutzer zum Kauf des Produkts oder der Dienstleistung zu bringen.